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Kirchengesetz über die Rechtsstellung der privatrechtlich beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
(Mitarbeitendengesetz – MG)

Vom 24. Mai 2019

(ABl. 2019 S. 79)

Aufgrund von Artikel 92 e), 93, 94 Absatz 1 der Kirchenverfassung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig hat die Landessynode das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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Abschnitt 1
Grundbestimmungen

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§ 1
Geltungsbereich

( 1 ) Dieses Kirchengesetz gilt für die privatrechtlich Beschäftigten und zu ihrer Ausbildung Beschäftigten (Mitarbeitende) der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig und derjenigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Landeskirche unterstehen.
( 2 ) Für Ordinierte in einem privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis bleiben die besonderen Vorschriften über die dienstlichen Pflichten der Pfarrerinnen und Pfarrer unberührt.
( 3 ) Nicht in Absatz 1 genannte kirchliche Einrichtungen wie Vereine und andere Körperschaften sowie Stiftungen können dieses Kirchengesetz mit Zustimmung des Landeskirchenamtes ganz oder zum Teil anwenden.
( 4 ) Die Regelungen des Vertrages über die Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen vom 28. März 2014 bleiben unberührt.
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§ 2
Grundlagen des kirchlichen Dienstes

( 1 ) Der Dienst der Kirche ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Alle Personen, die in Anstellungsverhältnissen in der Kirche tätig sind, tragen dazu bei, dass dieser Auftrag erfüllt werden kann. Dieser Auftrag ist die Grundlage der Rechte und Pflichten von Anstellungsträgern sowie Mitarbeitenden. Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche verbindet Anstellungsträger und Mitarbeitende zu einer Dienstgemeinschaft und verpflichtet sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit.
( 2 ) Die kirchlichen Anstellungsträger haben die Aufgabe, ihre Dienststellen und Einrichtungen gemäß ihrer evangelischen Identität zu gestalten. Sie tragen Verantwortung für die evangelische Prägung in den Arbeitsvollzügen, den geistlichen Angeboten und der Organisation ihrer Dienststelle oder Einrichtung.
( 3 ) Die Anstellungsträger haben die Aufgabe, ihre Mitarbeitenden mit den christlichen Grundsätzen ihrer Arbeit vertraut zu machen. Sie fördern die Fort- und Weiterbildung zu Themen des Glaubens und des christlichen Menschenbildes und berücksichtigen diese Themen auch in der kirchlichen Berufsausbildung.
( 4 ) Der Anstellungsträger soll mit Bewerberinnen und Bewerbern in den Einstellungsgesprächen erörtern, dass der Auftrag der Kirche die Arbeitsvollzüge prägt.
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§ 3
Mitarbeiterstellen

( 1 ) Mitarbeitende dürfen nur angestellt werden, wenn eine freie Mitarbeiterstelle vorhanden ist. Durch Kirchenverordnung kann geregelt werden, inwieweit außerplanmäßige Kräfte angestellt werden können.
( 2 ) Abweichend von Absatz 1 bedarf es zur Anstellung von zur Ausbildung Beschäftigten, Praktikantinnen oder Praktikanten keiner Mitarbeiterstelle.
( 3 ) Die Landeskirche und diejenigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der Landeskirche unterstehen, errichten für ihre Beschäftigten die erforderlichen Mitarbeiterstellen.
( 4 ) Durch Kirchenverordnung kann geregelt werden, inwieweit der Beschluss über die Errichtung und Aufhebung von Mitarbeiterstellen der Genehmigung bedarf und welche Stelle für die Genehmigung zuständig ist. Der Beschluss über die Errichtung einer Mitarbeiterstelle darf nur gefasst und genehmigt werden, wenn die erforderlichen Mittel bereitgestellt sind.
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§ 4
Stellenausschreibungen

Durch Kirchenverordnung kann geregelt werden, dass Stellen für Mitarbeitende nur besetzt werden dürfen, wenn sie zuvor mindestens innerkirchlich ausgeschrieben waren. In den Stellenausschreibungen ist auf die Anforderungen an die Kirchenmitgliedschaft nach § 16 hinzuweisen.
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§ 5
Ausbildung und Prüfungen

Das Landeskirchenamt kann Bestimmungen über Ausbildung und Prüfungen für bestimmte Gruppen von kirchlichen Mitarbeitenden erlassen.
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§ 6
Einführung

Zu Beginn ihres Dienstes sollen die Mitarbeitenden in einem Gottesdienst eingeführt werden.
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§ 7
Genehmigungsvorbehalte

( 1 ) Durch Kirchenverordnung kann geregelt werden, inwieweit der Beschluss eines Anstellungsträgers über die Begründung oder die Änderung des Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses einer oder eines Mitarbeitenden der Genehmigung bedarf und welche Stelle für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist.
( 2 ) Durch Kirchenverordnung kann geregelt werden, inwieweit der Beschluss eines Anstellungsträgers über die Kündigung eines Dienstverhältnisses der Genehmigung bedarf und welche Stelle für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist.
( 3 ) Der Beschluss über die fristlose Kündigung eines Dienstverhältnisses ist dem Landeskirchenamt unverzüglich anzuzeigen.
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Abschnitt 2
Allgemeine Rechte und Pflichten

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§ 8
Dienstvertragsordnung

( 1 ) Dienstverträge werden nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung und der diese Dienstvertragsordnung ergänzenden oder ersetzenden Arbeitsrechtsregelungen abgeschlossen. Das Zustandekommen der Dienstvertragsordnung regelt das Kirchengesetz über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im kirchlichen Dienst.
( 2 ) In der Dienstvertragsordnung und in den die Dienstvertragsordnung ergänzenden oder ersetzenden Arbeitsrechtsregelungen sind die Bestimmungen über die Verhältnisse des Dienstes und die Entgelte unter Beachtung der kirchlichen Erfordernisse an den Bestimmungen auszurichten, die jeweils für den öffentlichen Dienst im Land Niedersachsen gelten. Die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes sind insbesondere bei der Festsetzung von Tätigkeitsmerkmalen zu berücksichtigen. § 9 bleibt unberührt.
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§ 9
Zusatzversorgung

Privatrechtlich Beschäftigte erhalten eine Zusatzversorgung nach dem Recht der Landeskirche. Sie richtet sich nach dem Recht der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. Die Leistungen werden auf der Grundlage der Satzung der Evangelischen Zusatzversorgungskasse (EZVK) in seiner jeweils geltenden Fassung gewährt. Eine Eigenbeteiligung der Mitarbeitenden an den Beiträgen zur Zusatzversorgung ist dem Grund und der Höhe nach in der Dienstvertragsordnung zu regeln.
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§ 10
Schweigepflicht

Mitarbeitende dürfen ohne Einwilligung des Landeskirchenamtes oder der von ihm bestimmten Stelle über Angelegenheiten, die der Schweigepflicht unterliegen, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Einwilligung, als Zeuge auszusagen oder ein Gutachten zu erstatten, kann versagt werden, wenn die Aussage oder das Gutachten wichtige kirchliche Interessen gefährden würde.
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§ 11
Verantwortung und Verhalten im Dienstverhältnis

( 1 ) Alle Mitarbeitenden übernehmen in ihrem Aufgabenbereich Mitverantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher Aufgaben. Sie haben sich gegenüber der evangelischen Kirche loyal zu verhalten. Von allen Mitarbeitenden wird erwartet, dass sie die Heilige Schrift und das Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche achten und dass sie in ihrem beruflichen Handeln den kirchlichen Auftrag vertreten und fördern.
( 2 ) Alle Mitarbeitenden sind verpflichtet, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung dieses Dienstes nicht beeinträchtigt wird.
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§ 12
Gelöbnis

Die Mitarbeitenden legen zu Beginn ihres Dienstes das folgende Gelöbnis ab:
„Ich gelobe, den mir anvertrauten Dienst treu und gewissenhaft zu erfüllen, Verschwiegenheit zu wahren und mich innerhalb und außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung meines Dienstes nicht beeinträchtigt wird.”
Das Gelöbnis soll mit dem Satz schließen: „Ich gelobe es mit Gottes Hilfe”.
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§ 13
Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung

Wird einer oder einem Mitarbeitenden von ihrem oder seinem Anstellungsträger eine Dienstpflichtverletzung vorgeworfen oder hat er oder sie Grund zu der Befürchtung, dass ihm oder ihr eine Dienstpflichtverletzung vorgeworfen wird, so kann er oder sie vom Anstellungsträger eine Klärung des dem Vorwurf zugrunde liegenden Sachverhaltes verlangen.
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§ 14
Kandidatur bei staatlichen Wahlen

Auf privatrechtlich Beschäftigte sind die für Kirchenbeamte und Kirchenbeamtinnen geltenden Vorschriften über eine Bewerbung um die Aufstellung als Kandidat oder Kandidatin für die Wahl zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag, zu einem gesetzgebenden Organ eines Bundeslandes oder zu einem kommunalen Amt oder Mandat entsprechend anzuwenden.
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Abschnitt 3
Berufliche Anforderungen

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§ 15
Allgemeine Anstellungsvoraussetzungen

( 1 ) Im kirchlichen Dienst kann nur angestellt werden, wer
  1. die Anforderungen an die Kirchenmitgliedschaft erfüllt (§ 16),
  2. die für den Dienst erforderliche Vorbildung und Ausbildung erhalten, die vorgeschriebenen Probezeiten und praktischen Dienstzeiten mit Erfolg zurückgelegt und die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden hat,
  3. frei von Krankheiten und sonstigen Beeinträchtigungen ist, die die Ausübung des Dienstes wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen der Ausübung dieser Tätigkeit wesentlich hindern.
( 2 ) Das Landeskirchenamt kann von den Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 nach Maßgabe des § 16 Befreiung erteilen. Es kann bestimmen, dass andere Stellen die Befreiung nach Satz 1 erteilen können oder die Befreiung als erteilt gilt. Eine erteilte Befreiung erlischt, wenn sich die in der Person der oder des Mitarbeitenden zugrunde gelegten Voraussetzungen ändern.
( 3 ) Das Landeskirchenamt kann von den Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 Befreiung erteilen, wenn es im Hinblick auf die Aufgabe verantwortet werden kann.
( 4 ) Haben Voraussetzungen nach Absatz 1 bei der Anstellung nicht vorgelegen oder fallen sie weg oder besteht eine Befreiung nach den Absätzen 2 oder 3 nicht oder nicht mehr, so soll der Anstellungsträger durch Beratung und Gespräch auf die Beseitigung des Mangels hinwirken. Kann der Mangel nicht auf andere Weise behoben werden, so ist nach Abwägung der Umstände des Einzelfalles als letzte Maßnahme eine außerordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund auszusprechen.
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§ 16
Anforderungen an die Kirchenmitgliedschaft für die berufliche Mitarbeit im kirchlichen Dienst

( 1 ) Die Anforderung an die Kirchenmitgliedschaft richtet sich nach der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in seiner konkreten Ausgestaltung.
( 2 ) Die berufliche Mitarbeit in der Landeskirche setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Kirche voraus, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist.
( 3 ) Absatz 2 gilt uneingeschränkt für Mitarbeitende, denen Aufgaben der Verkündigung, der Seelsorge und der evangelischen Bildung übertragen sind.
( 4 ) Mitarbeitende, denen eine erhebliche Entscheidungs- oder Repräsentationsverantwortung übertragen ist, können auch Mitglied einer anderen Kirche sein, die Vollmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ist.
( 5 ) Sofern es nach Art der Aufgabe unter Beachtung der Größe der Dienststelle oder Einrichtung und ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft sowie des jeweiligen Umfelds vertretbar und mit der Erfüllung des kirchlichen Auftrags vereinbar ist, können für alle übrigen Aufgaben auch beruflich Mitarbeitende beschäftigt werden, die keiner christlichen Kirche angehören. Die Entscheidung darüber trifft das Landeskirchenamt.
( 6 ) Für eine Einstellung in den kirchlichen Dienst kommt nicht in Betracht, wer aus der evangelischen Kirche oder aus einer anderen Kirche ausgetreten ist, die Vollmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ist, ohne die Mitgliedschaft in einer anderen Kirche erworben zu haben, die Vollmitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ist. Ausnahmen sind in besonderen Einzelfällen möglich; sie bedürfen der vorherigen Genehmigung durch das Landeskirchenamt.
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Abschnitt 4
Schlussvorschriften

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§ 17
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am 01.06.2019 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Kirchengesetz über die Rechtsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. März 2000 (ABl. 2000 S. 39), zuletzt geändert durch Kirchengesetz vom 24. November 2017 (ABl. 2018 S. 9) sowie die Verwaltungsanordnung zur Ausführung des § 4 des Mitarbeitergesetzes vom 26. Mai 2008 (ABl. 2008, S. 57) außer Kraft.