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Bekanntmachung des Landeskirchenamtes zum Recht der öffentlich-rechtlichen Gebühren, Auslagen und Beiträge

Neufassung vom 1. September 2015

(ABl. 2015 S. 115)

Es kommt immer wieder vor, dass kirchliche Rechtsträger zur Zahlung öffentlich-rechtlicher Abgaben, insbesondere Abgaben an den Staat, die Gemeinden und die Landkreise, herangezogen werden. Im Folgenden wird ein Überblick über die Arten der öffentlich-rechtlichen Abgaben, die maßgebenden gesetzlichen Vorschriften und die Möglichkeit, Abgabenbefreiung oder -ermäßigung zu beanspruchen, gegeben.
Öffentlich-rechtliche Abgaben sind Gebühren, Auslagen (Erstattungen), Beiträge und Steuern.
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1. Gebühren und Auslagen der Verwaltung

1.1
Verwaltungsgebühren
1.1.1.
Bestimmungen des Nieders. Kommunalabgabengesetzes (NKAG) i. d .F. vom 23.01.2007 (Nds. GVBl. Nr. 3/2007 S. 41) regeln die Befugnis zur Erhebung von Verwaltungsgebühren (Gebühren für eine Inanspruchnahme der Tätigkeit der öffentlichen Hand) für Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden und Landkreise.
Befreiung von diesen Gebühren (oder Gebührenermäßigung) besteht oder kommt in Betracht:
  • bei Verwaltungstätigkeiten, zu denen kirchliche Rechtsträger zur Durchführung kirchlicher Zwecke Anlass gegeben haben (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 NKAG). Dieser Befreiungstatbestand erfasst wenige Bereiche der karitativen und sozialen Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen kirchlichen Körperschaften,
  • bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Gebührenbefreiung oder Gebührenermäßigung (§ 4 Abs. 3 NKAG),
  • aufgrund besonderer Bestimmung durch Gemeindesatzung oder
  • aus Billigkeitsgründen (§ 227 Abgabenordnung v. 01.10.2002 BGBl. I S. 3866).
1.1.2.
Für Tätigkeiten der Gemeinden und Landkreise im übertragenen Wirkungskreis und für die Tätigkeit des Bundes und des Landes (Beispiele für die v.g. Tätigkeit der Gemeinden, Landkreise, des Bundes und des Landes: staatliche Anerkennung kirchlicher Anstalten, staatliche Genehmigung von Stiftungen, staatliche Stiftungsaufsicht, Polizei- und Ordnungsrecht, Verkehrswesen, Immissionsschutz, Gewerbeaufsicht, Arbeitsschutz, Gesundheitswesen) werden Verwaltungsgebühren nicht nach dem NKAG, sondern nach dem Gesetz über Gebühren und Auslagen des Bundes (Bundesgebührengesetz – BGebG) vom 07.08.2013 (BGBl. I S. 3154) und dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz (NVwKostG) i.d.F. vom 25.04.2007 erhoben.
Hier besteht Gebührenfreiheit (Gebührenermäßigung) oder kommt in Betracht:
  • bei Verwaltungstätigkeiten, zu denen kirchliche Rechtsträger (auch zu anderen als kirchlichen Zwecken) Anlass gegeben haben (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Nieders. Verwaltungskostengesetz),
  • bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Gebührenbefreiung oder Gebührenermäßigung (§§ 2 Abs. 2, 11 Abs. 5 Nieders. Verwaltungskostengesetz),
  • aufgrund besonderer Bestimmung durch Rechtsverordnung (§§ 6, 2 Verwaltungskostengesetz des Bundes) oder
  • aus Billigkeitsgründen (§§ 227 Abgabenordnung, 17 BGebG, 59 Abs. 1 Nr. 3 Bundeshaushaltsordnung, 11 Nieders. Verwaltungskostengesetz).
    Verwaltungsgebührenbefreiung gemäß 1.1.1. und 1.1.2. kommt insbesondere in Betracht bei staatlicher Anerkennung kirchlicher Anstalten, Bauanträgen, Sicherung von Baustellen, Straßensperrungen zur Durchführung kirchlicher Sammlungen, Anzeige der Genehmigung kirchlicher Veranstaltungen, Versammlungen, Umzüge und Gottesdienste unter freiem Himmel.
1.2
Auslagenerstattung
Die öffentliche Hand kann vielfach neben oder anstelle der Verwaltungsgebühr die Erstattung besonderer Auslagen verlangen (§§ 4 Abs. 4 NKAG, 13 Nieders. Verwaltungskostengesetz, 1, 10 BGebG).
Hierbei sind die Befreiungsmöglichkeiten begrenzter als bei den Verwaltungsgebühren.
1.3
Benutzungsgebühren
Für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen und Gegenstände können Benutzungsgebühren erhoben werden (z.B. Bibliotheksgebühren, Friedhofsgebühren, Straßenreinigungsgebühren) (§§ 5 NKAG, 14 Nieders. Verwaltungskostengesetz).
Hierbei sind die Befreiungsmöglichkeiten begrenzter als bei den Verwaltungsgebühren.
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2. Gebühren und Auslagen der Gerichte, Justizbehörden und Notare

Eine besondere Materie bilden die Kosten (Gebühren und Auslagen) der Gerichte – und zwar in Angelegenheiten der streitigen Gerichtsbarkeit (Rechtsstreitigkeiten) wie der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Grundbuchsachen, Landwirtschaftssachen, Vormundschaftssachen, Beurkundungen usw.) –, Justizbehörden und Notare.
Maßgebende Vorschriften sind insbesondere
  • das Gerichtskostengesetz in der Fassung vom 27.02.2014 (BGBl. I S. 154 – GKG –,
  • das Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare i.d.F. vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586) –,
  • das Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher vom 19.04.2001 (BGBl. I S. 623) – Gerichtsvollzieherkostengesetz –,
  • das Nieders. Justizgesetz vom 16.12.2014 (Nieders. GVBl. S. 436) –.
Befreiung (Ermäßigung) von den Kosten (vielfach nur von den Gebühren) einschließlich Kostenerlass besteht oder kommt in Betracht:
2.1.
Bei Gerichten und Justizbehörden:
2.1.1
Persönliche Gebührenbefreiung (zugunsten bestimmter Personen oder sonstiger Rechtsträger)
  • allgemein zugunsten von Kirchen und Religionsgemeinschaften, die die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts haben (§ 108 Abs. 1 Nr. 1 Nds. Justizgesetz),
  • unter Beschränkung auf Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Justizverwaltungssachen zugunsten von Körperschaften, Vereinigungen und Stiftungen, die gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienen (§ 108 Abs. 2 Nds. Justizgesetz).
Dies trifft z.B. auf das Diakonische Werk und seine angeschlossenen Einrichtungen zu, die in Rechtsstreitigkeiten grundsätzlich keine Gebührenbefreiung genießen.
2.1.2
Erlass von Kosten
Kosten der Gerichte und Justizbehörden können ganz oder teilweise erlassen oder zurückerstattet werden (§ 109 Nds. JG, GNotKG),
  1. wenn es zur Förderung öffentlicher Zwecke geboten erscheint,
  2. wenn die Einziehung mit besonderen Härten für den Zahlungspflichtigen verbunden wären (z.B. bei in Ausbildung befindlichen Personen),
  3. wenn es sonst aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht (z.B. staatsanwaltliche Führungszeugnisse für Mitarbeiter gemeinnütziger Einrichtungen).
2.2
Bei Notaren
Die persönliche und sachliche Kostenbefreiung gem. 2.1.1. besteht bei Notaren nicht; für einen Teil der Amtshandlungen der Notare besteht jedoch Gebührenermäßigung (§ 91 GNotKG). Dies ist insbesondere von Bedeutung bei Grundstücksgeschäften.
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3. Beiträge

Die Gemeinden und Landkreise können zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bringt (z.B. Erschließungsbeiträge, Beiträge zu Versorgungsanlagen und Anschlüsse an Versorgungsanlagen) (§§ 6-8 NKAG, 127-135 Baugesetzbuch i.d.F. vom 23.09.2004 BGBl. I S. 2414).
Eine persönliche Befreiung kirchlicher Rechtsträger von Beitragspflichten gibt es zumeist nicht; es können jedoch allgemeine (Beitrags-)Befreiungsvorschriften kirchlichen Rechtsträgern zugute kommen.
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4. Steuern

Die Erhebung von Steuern richtet sich zumeist nach besonderen Gesetzen (Abgabenordnung, Grundsteuergesetz). Es besteht jedoch ein umfassendes Recht der Gemeinden und Landkreise, durch Satzung beliebige Gegenstände zu besteuern (§ 3 NKAG).
Vorstehende Ausführungen können im Interesse ihrer Übersichtlichkeit und Verständlichkeit und wegen der Kompliziertheit der Materie nicht vollständig sein.
Werden kirchliche Rechtsträger von der öffentlichen Hand zu einer Abgabe veranlagt und bestehen Zweifel über die Berechtigung der Abgabe nach Grund oder Höhe oder über das Vorliegen der Voraussetzungen einer Abgabenbefreiung oder -ermäßigung, so bitten wir, das Landeskirchenamt einzuschalten.