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Kirchengesetz zur Förderung der Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig und deren Einrichtungen (Gemeinschaftsförderungsgesetz)

Vom 19. November 2004

(ABl. 2005 S. 2), mit Änderung vom 21. November 2013 (ABl. 2014 S. 2)

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§ 1
Ziel des Gesetzes

Die Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche wird durch verschiedene Maßnahmen nach diesem Gesetz gefördert. Zu diesem Zweck werden Frauen und Männer in den Bereichen gefördert, in denen sie unterrepräsentiert oder strukturell benachteiligt sind.
Unterschiedliche Lebenssituationen von Frauen und Männern sollen berücksichtigt, Diskriminierungen verhindert und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen verbessert werden. Damit soll Geschlechtergerechtigkeit gestärkt und die Qualität kirchlicher Arbeit verbessert werden.
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§ 2
Geltungsbereich und Verpflichtete

( 1 ) Der zu fördernde Personenkreis umfasst alle bei kirchlichen Anstellungsträgern in einem Arbeits-, Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gegen Entgelt Beschäftigten und diejenigen, die sich um eine Beschäftigung bewerben. Soweit Dienste, Werke und Einrichtungen nicht der Gesetzgebung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig unterliegen, wird empfohlen, dass sie dieses Kirchengesetz durch Beschluss ihrer zuständigen Gremien anwenden.
( 2 ) Dieses Kirchengesetz findet keine Anwendung für die Besetzung von Pfarrstellen sowie Stellen, die durch Verfassung, Kirchengesetz, Ordnung oder Satzung vorgeschriebene Wahl zu besetzen sind. Bei den zur Wahl stehenden Personen ist jedoch darauf zu achten, dass sowohl Frauen wie Männer für eine Kandidatur zur Verfügung stehen.
( 3 ) Für die Berufung in das Dienstverhältnis der Pfarrerinnen und Pfarrer auf Probe gilt dieses Gesetz entsprechend.
( 4 ) Für die ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeskirche gilt dieses Gesetz entsprechend, soweit sich aus seinem Sinn und Zweck und aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.
( 5 ) Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere solche mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben, sind verpflichtet, die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Diese Verpflichtung ist als durchgängiges Leitprinzip in allen Arbeitsbereichen und Gremien zu berücksichtigen.
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§ 3
Beschäftigungsstrukturen

( 1 ) Alle drei Jahre sind Daten und Beschäftigungsstrukturen der bei dem jeweiligen Anstellungsträger vorhandenen hauptberuflichen Beschäftigten fortzuschreiben. Die Beschäftigungsstrukturen sollen die Aufteilung der Beschäftigten gegliedert nach Geschlecht, Umfang der Tätigkeit und Gehaltsgruppen enthalten und deren Veränderungen wiedergeben. Sie dienen der Vorbereitung und Überprüfung von Förderplänen nach § 4.
( 2 ) Die Vorschriften zum Schutze der personenbezogenen Daten sind zu beachten.
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§ 4
Förderpläne

( 1 ) Anhand der Beschäftigungsstruktur im Sinne des § 3 sind von dem jeweiligen Anstellungsträger in Zusammenarbeit mit der zuständigen Mitarbeitervertretung, gegebenenfalls der Pfarrerinnen/Pfarrervertretung und der oder dem Gleichstellungsbeauftragten die Ursachen zu erörtern, die Frauen und Männer im Rahmen dieses Gesetzes benachteiligen und jeweils zu einer Unterrepräsentation beigetragen haben. Auf dieser Grundlage sind organisatorische und personelle Maßnahmen der Veränderung und Förderung der Gemeinschaft zu beraten und zu überprüfen. Anstellungsträger mit mehr als zwanzig hauptberuflichen Beschäftigten haben die vorgesehenen Fördermaßnahmen in einem Förderplan, der Zielvorgabe und einen Zeitraum enthalten soll, schriftlich festzulegen.
( 2 ) Bei Anstellungsträgern von mehr als zwanzig hauptberuflichen Beschäftigten ist aus dem Kreis der Mitarbeitenden eine Gleichstellungsbeauftragte oder ein Gleichstellungsbeauftragter zu wählen. Die Wahl erfolgt für die Dauer von vier Jahren; Wiederwahl ist möglich. Vor Beendigung der Wahlperiode kann die oder der Gleichstellungsbeauftragte nur mit zwei Drittel der Stimmen der wahlberechtigten Mitarbeitenden ihres Amtes enthoben werden. Die oder der Gleichstellungsbeauftragte hat auf die Durchführung und Einhaltung dieses Gesetzes hinzuwirken. Die Beschäftigten können sich an die Gleichstellungsbeauftragte oder den Gleichstellungsbeauftragten wenden. Die Bestellung der Landeskirchlichen Beauftragten (Landeskirchliche Gleichstellungsbeauftragte und Landesmännerpfarrer) bleibt unberührt.
( 3 ) Die Rechte der Mitarbeitervertretung bleiben unberührt.
( 4 ) Auf Anfrage des Anstellungsträgers, der Mitarbeitervertretung, der oder des Gleichstellungsbeauftragten oder von Einzelpersonen, die von Förderplänen betroffen sind, nehmen die Landeskirchlichen Beauftragten zu einzelnen Maßnahmen Stellung. Die Landeskirchlichen Beauftragten haben ein Recht auf Einsicht in die Förderpläne.
( 5 ) Die Förderpläne sind jeweils sechs Monate nach der Feststellung der Beschäftigungsstruktur aufzustellen oder fortzuschreiben.
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§ 5
Stellenausschreibung

( 1 ) Zu besetzende Stellen sind in der weiblichen und männlichen Sprachform auszuschreiben.
( 2 ) Für Bereiche, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sollen Stellenausschreibungen so abgefasst werden, dass besonders Frauen zu einer Bewerbung aufgefordert werden. In diesen Fällen soll in der Ausschreibung darauf hingewiesen werden, dass die Dienststelle bemüht ist, den Frauenanteil in diesem Bereich zu erhöhen.
( 3 ) Absatz 2 gilt entsprechend für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
( 4 ) In den Bereichen, in denen der Frauenanteil erhöht werden muss, ist in angemessener Form auszuschreiben und die Landeskirchliche Gleichstellungsbeauftragte vorher zu hören.
( 5 ) Absatz 4 gilt entsprechend für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
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§ 6
Stellenbesetzung

( 1 ) Befinden sich in den jeweiligen Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppen des einzelnen Anstellungsträgers weniger Frauen als Männer, so werden bei gleicher Qualifikation Bewerberinnen so lange bevorzugt berücksichtigt, bis sie in diesen in gleicher Zahl vertreten sind.
( 2 ) Entsprechendes gilt für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
( 3 ) Ausnahmen von Absatz 1 und 2 sind zulässig, wenn in der Person des Mitbewerbers oder der Mitbewerberin schwerwiegende Gründe sozialer Art vorliegen, die dies zur Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit rechtfertigen.
( 4 ) In Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, werden mindestens ebenso viele Frauen wie Männer, die die für die Ausübung der Stelle erforderliche Qualifikation nachweisen, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Entsprechendes gilt für die Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind. Die oder der Gleichstellungsbeauftragte ist an den Vorstellungsgesprächen zu beteiligen. Frauen und Männer sind in den Vorstellungsgesprächen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf in gleicher Weise zu befragen.
( 5 ) Die oder der Gleichstellungsbeauftragte gemäß § 4 Abs. 2 kann eine beabsichtigte Stellenbesetzung, welche sie oder er für unvereinbar mit Absatz 1 hält, beanstanden. Dies hat spätestens eine Woche nach ihrer Unterrichtung zu erfolgen. Im Falle der Beanstandung hat der Anstellungsträger unter Abwägung der Einwände neu zu entscheiden. Wird an der Entscheidung festgehalten, so ist dies schriftlich gegenüber der oder dem Gleichstellungsbeauftragten zu begründen.
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§ 7
Berufliche Entwicklung

( 1 ) Bei der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit sind Frauen bei gleichwertiger Qualifikation bevorzugt zu berücksichtigen, wenn sie in der jeweiligen Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppe des einzelnen Anstellungsträgers unterrepräsentiert sind. Entsprechendes gilt für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
( 2 ) § 6 Absätze 3 und 5 gelten entsprechend.
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§ 8
Qualifikation

Die gleichwertige Qualifikation gemäß §§ 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 wird festgestellt aufgrund der Befähigung, Eignung und der fachlichen Leistungen gemessen an den Anforderungen des Berufes, der zu besetzenden Stelle und der Laufbahn. Bei der Feststellung der gleichwertigen Qualifikation sind insbesondere auch durch Familienarbeit, durch die Pflege einer Person sowie durch ehrenamtliche Tätigkeiten oder soziales Engagement erworbene Fähigkeiten und Erfahrungen zu berücksichtigen, wenn sie der Ausübung der jeweiligen Tätigkeit dienlich sind.
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§ 9
Berufung und Entsendung

Bei Berufungen und Entsendungen in Gremien, öffentliche Ämter, Delegationen, Kommissionen, Konferenzen und Personalauswahlgremien sollen Frauen und Männer möglichst in gleicher Anzahl vertreten sein.
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§ 10
Teilzeitbeschäftigung

( 1 ) In allen Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppen sollen auf Antrag der Stelleninhaberin oder des Stelleninhabers für Frauen und Männer Teilzeitarbeitsplätze eingerichtet werden, so weit dies finanziell vertretbar ist und zu begründende dienstliche, betriebliche oder kirchliche Belange nicht entgegenstehen.
( 2 ) Anträgen von Frauen und Männern auf Ermäßigung der Arbeitszeit aus familiären Gründen ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen, so weit nicht zwingende dienstliche, betriebliche oder kirchliche Belange entgegenstehen. Bei Antragstellung sind Frauen und Männer über die allgemeinen finanziellen, arbeits-, versicherungs- und versorgungsrechtlichen Folgen schriftlich zu informieren.
( 3 ) Teilzeitbeschäftigung darf das berufliche Fortkommen nicht beeinträchtigen; eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten ist nur zulässig, so weit sachliche Gründe dies rechtfertigen. Teilzeitbeschäftigung darf sich nicht nachteilig auf die dienstliche Beurteilung auswirken.
( 4 ) Dem Wunsch von Teilzeitbeschäftigten, die aus familiären Gründen ihre Arbeitszeit vermindert hatten, nach Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ist im Rahmen der haushaltsrechtlichen und dienstlichen oder betrieblichen Möglichkeiten zu entsprechen.
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§ 11
Fort- und Weiterbildung

( 1 ) Teilzeitbeschäftigten Frauen und Männern sollen die gleichen Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung und Qualifikation eingeräumt werden wie Vollbeschäftigten.
( 2 ) Fort- und Weiterbildungsangebote sollen so gestaltet werden, dass Beschäftigte mit betreuungsbedürftigen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen an ihnen teilnehmen können, wenn sich aus der Zielgruppe der Veranstaltung oder den Anmeldungen ein Bedürfnis ergibt.
( 3 ) Dient die Fort- und Weiterbildungsmaßnahme der beruflichen Qualifizierung, sollen Frauen, wenn sie in der jeweiligen oder angestrebten Besoldungs-, Vergütungs- und Lohngruppe bzw. den vergleichbaren Gruppen unterrepräsentiert sind und in die Zielgruppe der jeweiligen Veranstaltung fallen, bevorzugt berücksichtigt werden. § 6 Abs. 4 gilt entsprechend.
( 4 ) Absatz 3 gilt entsprechend für Bereiche, in denen Männer unterrepräsentiert sind.
( 5 ) Der Themenkreis »Die gerechte Gemeinschaft von Frauen und Männern in der Kirche« ist in die Fort- und Weiterbildungsangebote aufzunehmen.
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§ 12
Verordnungsermächtigung

Die Kirchenregierung wird ermächtigt, die zur Durchführung erforderlichen Regelungen durch Kirchenverordnung zu erlassen.
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§ 13
Geltungsdauer

Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Januar 2005 in Kraft.