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Visitationsgesetz

Vom 16. Mai 2014

(ABl. 2014 S. 49)

Die Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig hat aufgrund der Artikel 92 e) und 93 der Kirchenverfassung das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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I. Abschnitt
Grundlegende Bestimmungen

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§ 1

( 1 ) Mit der Visitation hilft die Kirche durch ihre mit dem Leitungs- und Aufsichtsdienst Beauftragten, der Kirchengemeinde, der Propstei und den allgemeinkirchlichen und besonderen Diensten sowie den darin Dienst tuenden Pfarrerinnen und Pfarrern ihren Auftrag für die Verkündigung des Wortes Gottes, die Darreichung der Sakramente sowie die missionarische und diakonische Tätigkeit zu erfüllen. Die Visitation dient dazu, dass die kirchliche Ordnung eingehalten, die Einheit der Kirche gefördert und der Zusammenhang der Einen Kirche Jesu Christi gestärkt wird.
( 2 ) Durch regelmäßige Visitation und einzelne Besuche des Visitators oder der Visitatorin sollen die dabei gewonnenen Erfahrungen für den Dienst in den Kirchengemeinden und Propsteien sowie für den sonstigen Dienst in der Landeskirche ausgewertet und nutzbar gemacht werden.
( 3 ) Der Landesbischof oder die Landesbischöfin berichtet der Landessynode regelmäßig über die Visitationspraxis in der Landeskirche.
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II. Abschnitt
Visitation der Kirchengemeinde

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§ 2

( 1 ) Die Visitation einer Kirchengemeinde soll alle sieben Jahre erfolgen. Ist ein Pfarramt für mehrere Kirchengemeinden zuständig, soll die Visitation in allen beteiligten Kirchengemeinden an einem gemeinsamen Visitationstermin geschehen.
( 2 ) Kirchengemeinden werden durch den Propst oder die Pröpstin visitiert. Kirchengemeinden, in denen der Propst oder die Pröpstin als Pfarrer beziehungsweise Pfarrerin tätig ist, visitiert der Landesbischof oder die Landesbischöfin. Eine Vertretung der visitierenden Personen ist zulässig.
( 3 ) Außerordentliche Visitationen können durch den Landesbischof oder die Landesbischöfin sowie den Propst oder die Pröpstin oder auf Antrag des Landeskirchenamtes oder der Kirchengemeinde durchgeführt werden.
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§ 3

( 1 ) Die Visitation der Kirchengemeinde umfasst alle ihr zugewiesenen und von ihr wahrgenommenen Aufgaben.
( 2 ) Während der Visitation soll an einem Sonntag ein Gemeindegottesdienst gefeiert werden. Bei der gemeinsamen Visitation der Kirchengemeinden eines Pfarrverbandes sollen in den Kirchengemeinden, in denen kein besonderer Gottesdienst stattfindet, andere öffentliche Veranstaltungen durchgeführt werden.
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§ 4

( 1 ) Der Visitator oder die Visitatorin beteiligt den Propsteivorstand an der Visitation. Vertreter oder Vertreterinnen des Landeskirchenamtes und fachkundige Berater oder Beraterinnen für bestimmte Sachgebiete können hinzugezogen werden.
( 2 ) Die Visitation wird der Gemeinde durch den Visitator oder die Visitatorin spätestens sechs Monate vor Beginn angekündigt.
( 3 ) Visitator oder Visitatorin und Kirchenvorstand verständigen sich über das Visitationsprogramm und die Erwartungen an die Visitation. Spätestens vier Monate vor der Visitation stellen sie gemeinsam einen Visitationsplan auf.
( 4 ) Der Visitator oder die Visitatorin teilt den Visitationsplan dem Propsteivorstand und dem Landeskirchenamt mit.
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§ 5

( 1 ) Der Kirchenvorstand informiert die Kirchengemeindemitglieder rechtzeitig über die bevorstehende Visitation und lädt zu besonderen Gemeindeveranstaltungen ein, die während der Visitation stattfinden. Er hat die Kirchengemeindemitglieder darauf hinzuweisen, dass sie sich mit Wünschen und Beschwerden schriftlich oder mündlich an den Visitator oder die Visitatorin wenden können.
( 2 ) Zur Vorbereitung der Visitation erstellt der Kirchenvorstand einen schriftlichen Bericht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Kirchengemeinde sind an der Erstellung des Berichts zu beteiligen. In diesem Bericht gibt der Kirchenvorstand Auskunft über den Stand der Arbeit, das Profil und Schwerpunktsetzungen in der Kirchengemeinde, über die Finanz- und Vermögenslage, über die kirchlichen Gebäude und über gegenwärtige Probleme.
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§ 6

( 1 ) Der Visitator oder die Visitatorin erörtert in Gesprächen mit dem Kirchenvorstand, den Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anhand der vorliegenden schriftlichen Berichte die Erfüllung ihrer Aufgaben.
( 2 ) Der Visitator oder die Visitatorin führt ein Einzelgespräch mit den Pfarrerinnen und Pfarrern. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Mitgliedern des Kirchenvorstandes ist bei der Visitation Gelegenheit zum Einzelgespräch mit dem Visitator oder der Visitatorin über ihren Dienst zu geben.
( 3 ) Dem Kirchenvorstand ist Gelegenheit zu geben, sich in Abwesenheit der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber dem Visitator oder der Visitatorin über deren Dienst zu äußern.
( 4 ) Der Visitator oder die Visitatorin besucht die Einrichtungen der Kirchengemeinde. Öffentliche Einrichtungen, Schulen, Vereine und Verbände sollen im Rahmen der Visitation besucht oder zum Gespräch eingeladen werden.
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§ 7

( 1 ) Der Visitator oder die Visitatorin soll nach Beratung mit dem Propsteivorstand innerhalb von sechs Wochen nach Abschluss der Visitation den Visitationsbescheid erlassen, der an den Kirchenvorstand gesandt wird. Der Landesbischof oder die Landesbischöfin und das Landeskirchenamt erhalten jeweils eine Abschrift, der die Berichte des Kirchenvorstandes und sonstige Unterlagen über Veranstaltungen während der Visitation beizufügen sind.
( 2 ) Der Kirchenvorstand unterrichtet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über den Inhalt des Visitationsbescheides. Spätestens drei Monate nach dem Erhalt des Visitationsbescheides berät der Kirchenvorstand über diesen und gibt ein Abschlussvotum unter der Einbeziehung der vor Beginn der Visitation formulierten Erwartungen ab. Das Votum wird an Propsteivorstand, Landesbischof oder Landesbischöfin und Landeskirchenamt gesandt.
( 3 ) Spätestens sechs Monate nach Erlass des Visitationsbescheides führt der Landesbischof oder die Landesbischöfin gemeinsam mit dem Visitator oder der Visitatorin und dem Propsteivorstand ein Visitationsabschlussgespräch mit dem Kirchenvorstand.
( 4 ) Innerhalb eines Jahres nach dem Visitationsabschlussgespräch führt der Visitator oder die Visitatorin ein Gespräch mit dem Kirchenvorstand über den Umgang mit den Visitationserkenntnissen.
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III. Abschnitt
Visitation der Propstei

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§ 8

( 1 ) Auf die Visitation der Propstei finden die Bestimmungen über die Visitation der Kirchengemeinde entsprechend Anwendung soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist. Die Visitation der Propstei soll mit der Visitation der Kirchengemeinde zusammengelegt werden, in welcher der Propst oder die Pröpstin zugleich als Pfarrer beziehungsweise Pfarrerin tätig sind.
( 2 ) Die Propstei wird durch den Landesbischof oder die Landesbischöfin visitiert. Vertreter oder Vertreterinnen des Landeskirchenamtes können an der Visitation beteiligt werden.
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§ 9

( 1 ) Die Visitation der Propstei umfasst alle ihr zugewiesenen und von ihr wahrgenommenen Aufgaben. Sie erstreckt sich auch auf die besonderen Dienste in der Propstei und die Zusammenarbeit mit den gesamtkirchlichen Diensten.
( 2 ) Während der Visitation können Begegnungen mit in der Propstei vorhandenen kirchlichen Arbeitsgruppen und sonstigen Gremien der Propstei stattfinden. Es können Berichte angefordert und kirchliche Einrichtungen innerhalb der Propstei besucht werden.
( 3 ) Der Visitator oder die Visitatorin führt ein Einzelgespräch mit dem Propst oder der Pröpstin. Den propsteiangehörigen Pfarrerinnen und Pfarrern sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Propstei als auch den Mitgliedern des Propsteivorstandes ist bei der Visitation Gelegenheit zum Einzelgespräch mit dem Visitator oder der Visitatorin über ihren Dienst zu geben.
( 4 ) Dem Propsteivorstand ist Gelegenheit zu geben, sich in Abwesenheit des Propstes oder der Pröpstin und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Propstei über deren Dienst gegenüber dem Visitator oder der Visitatorin zu äußern.
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§ 10

( 1 ) Der Visitator oder die Visitatorin erlässt nach Erörterung mit dem Kollegium des Landeskirchenamtes den Visitationsbescheid, der an den Propsteivorstand gesandt wird. Das Landeskirchenamt erhält eine Abschrift des Bescheides.
( 2 ) Der Propsteivorstand unterrichtet die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über den Inhalt des Visitationsbescheides. Spätestens drei Monate nach dem Erhalt des Visitationsbescheides gibt er ein Abschlussvotum ab, das dem Landesbischof oder der Landesbischöfin und in Abschrift dem Landeskirchenamt zugesandt wird.
( 3 ) Innerhalb eines Jahres nach dem Erlass des Visitationsbescheides führt der Visitator oder die Visitatorin mit dem Propsteivorstand ein Gespräch über den Umgang mit den Visitationserkenntnissen.
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IV. Abschnitt
Visitation der gesamtkirchlichen Dienste

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§ 11

( 1 ) Auf die Visitation der gesamtkirchlichen Dienste finden die Bestimmungen über die Visitation der Kirchengemeinden sinngemäß Anwendung soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.
( 2 ) Die gesamtkirchlichen Dienste werden durch die Landesbischöfin oder den Landesbischof visitiert. Vertreter oder Vertreterinnen des Landeskirchenamtes können an der Visitation beteiligen werden.
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§ 12

( 1 ) Die Visitation eines gesamtkirchlichen Dienstes umfasst alle ihm zugewiesenen und von ihm wahrgenommenen Aufgaben.
( 2 ) An der Visitation sind die von der Landeskirche für den jeweiligen Dienst gebildeten Gremien zu beteiligen. Zur Vorbereitung der Visitation erstellt die Leitung dieses Dienstes einen schriftlichen Bericht über den Dienst.
( 3 ) Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Dienstes und den für den Dienst gebildeten Gremien ist bei der Visitation Gelegenheit zum Einzelgespräch mit dem Visitator oder der Visitatorin zu geben.
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§ 13

( 1 ) Der Visitator oder die Visitatorin erlässt nach Erörterung mit dem Kollegium des Landeskirchenamtes den Visitationsbescheid, der an die Leitung des visitierten Dienstes gesandt wird.
( 2 ) Ein Jahr nach Erlass des Visitationsbescheides führt der Landesbischof oder die Landesbischöfin mit der Leitung des Dienstes ein Gespräch über den Umgang mit den Visitationserkenntnissen.
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V. Abschnitt
Schlussbestimmungen

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§ 14

Das Nähere kann durch Kirchenverordnung geregelt werden.
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§ 15

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Juni 2014 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt das Kirchengesetz über die Visitation vom 20. März 1982 (ABl. S. 36) außer Kraft.