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Erläuterungen zur Anwendung des Niedersächsischen Gesetzes über die Feiertage

Vom 6. Dezember 1985

(Nds. MBl. 1986 S. 58, ABl. 1986 S. 2), in der Fassung vom 11. November 1992
(Nds. MBl. 1992 S. 1535)

Bei der Anwendung des Niedersächsischen Gesetzes über die Feiertage (NFeiertagsG) i. d. F. vom 29. 4. 1969 (Nds. GVBl. S. 113), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. 7. 1985 (Nds. GVBl. S. 202), ist folgendes zu beachten:
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1.
Zu § 1:

Die Verbote und Beschränkungen des Gesetzes werden durch die Verordnung über die Festsetzung der Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten vom 8. 6. 1971 (Nds. GVBl. S. 223), geändert durch Verordnung vom 15. 10. 1982 (Nds. GVBl. S. 400), nicht berührt.
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2.
Zu § 4 Abs. 1:

2.1
Durch diese Vorschrift soll jeder veranlasst werden, sich nach außen so zu verhalten, dass andere nicht gehindert werden, den Sonn- oder Feiertag ungestört zu verbringen.
2.2
Handlung i. S. des Gesetzes ist – wie im Strafrecht – nicht nur das aktive Tun, sondern auch die Unterlassung des aktiven Tuns. Es genügt also, wenn der für eine Verletzung der Feiertagsruhe (z. B. für den Betrieb einer Maschine) Verantwortliche die Störung nicht abstellt (OLG Oldenburg, 26. 10. 1971, NJW 1972, 696).
Keine Handlung in diesem Sinne ist die Schaufensterwerbung oder die Werbung mittels Vitrinen. Dasselbe gilt für die Werbung in Ladengeschäften oder in besonders hierzu angemieteten Räumen während der allgemeinen Ladenschlusszeiten, wenn dabei keine Möglichkeit für geschäftlichen Verkehr mit den Besuchern besteht (z. B. Möbel- oder Teppichschauen).
2.3
Eine Handlung ist als öffentlich bemerkbar anzusehen, wenn sie von unbestimmt welchen und unbestimmt vielen Personen wahrgenommen werden kann. Auf die tatsächliche Anwesenheit von Personen und die tatsächliche Wahrnehmung der Handlung kommt es nicht an.
2.4
Eine öffentlich bemerkbare Handlung widerspricht dem Wesen der Sonn- und Feiertage, wenn sie als typisch werktäglich anzusehen ist. Nicht vereinbar mit dem Wesen der Sonn- und Feiertage sind auch Treib-, Lapp- und Hetzjagden.
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3.
Zu § 4 Abs. 2:

3.1
Als nach Bundesrecht besonders zugelassene Handlungen sind beispielsweise Arbeiten anzusehen, die aufgrund
der §§ 105 b bis 105 f, 105 h Abs. 1, § 105 i der Gewerbeordnung (GewO) i. d. F. vom 1. 1. 1978 (BGBl. I S. 97), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 25. 2. 1985 (BGBl. I S. 425).
der §§ 4 bis 6, 8 bis 12, 14, 15, 20 und 23 des Gesetzes über den Ladenschluss vom 28. 11. 1956 (BGBl. I S. 875), zuletzt geändert durch Art. 5 Abs. 3 des Gesetzes vom 5. 7. 1976 (BGBl. I S. 1773),
von § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 2, § 20 Nr. 3 und § 21 Abs. 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 12. 4. 1976 (BGBl. I S. 965), geändert durch Gesetz vom 15. 10. 1984 (BGBl. I S. 1277),
des § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, 6 des Mutterschutzgesetzes i. d. F. vom 18. 4. 1968 (BGBl. I S. 315), zuletzt geändert durch Art. 18 des Gesetzes vom 22. 12. 1983 (BGBl. I S. 1532),
des § 6 Abs. 2, 3, des § 7 Abs. 1 und der §§ 8 bis 10 des Gesetzes über die Arbeitszeit in Bäckereien und Konditoreien vom 29. 6. 1936 (RGBl. I S. 521), zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 3 des Gesetzes vom 14. 7. 1976 (BGBl. I S. 1801)
oder
der auf diesen Bestimmungen beruhenden Ausnahmegenehmigungen der jeweils zuständigen Verwaltungsbehörden
an Sonn- und Feiertagen zulässig sind.
3.2
Unaufschiebbar sind Arbeiten nur dann, wenn sie nicht ohne erheblichen Nachteil an dem dem Sonn- oder Feiertag nachfolgenden Werktag verrichtet werden können. Die Bestimmung ist eng auszulegen. Eine unaufschiebbare Arbeit ist beispielsweise die Versorgung der Haustiere und die Behebung von Schäden an Versorgungsleitungen. Auch Feldbestellung und Erntearbeiten können unaufschiebbar sein, wenn sie wegen vorhergegangenen oder drohenden schlechten Wetters dringend geworden sind.
3.3
Welche nicht gewerbsmäßige Betätigung in Haus und Garten als leicht anzusehen ist, kann nur nach Lage des Einzelfalles entschieden werden. Handwerkliche Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Eigenheimes, der Bau eines Gartenhauses, die Durchführung umfangreicher Anstreicharbeiten und diesen Tätigkeiten vergleichbare Handlungen sind jedoch nicht zu den erlaubten Betätigungen zu rechnen.
Wegen des Betriebs von Rasenmähern an Sonn- und Feiertagen wird auf § 3 der Achten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (8. BImSchV) vom 28. 7. 1976 (BGBl. I S. 2024), geändert durch Verordnung vom 11. 8. 1980 (BGBl. I S. 1298), hingewiesen. Die weitergehenden Bestimmungen des NFeiertagsG bleiben unberührt (§ 3 Abs. 4 der 8. BImSchV).
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4.
Zu § 5:

4.1
Durch diese Vorschrift erhalten die Sonntage und die staatlich anerkannten Feiertage während der Zeit von 7.00 bis 11.00 Uhr als der Hauptzeit religiöser und weltanschaulicher Feiern einen gesteigerten Schutz, ohne dass es – mit Ausnahme des Verbotes in Absatz 1 Buchst. c – darauf ankommt, ob solche Feiern tatsächlich stattfinden. Während dieser Zeit sind auch Veranstaltungen und Handlungen verboten, die während der übrigen Zeit an diesen Tagen erlaubt sind.
4.2
Auch wenn Veranstaltungen und Handlungen nach Bundesrecht besonders zugelassen oder nach Landesrecht gestattet sind, dürfen sie in der Zeit von 7.00 bis 11.00 Uhr nur durchgeführt werden, wenn sie unaufschiebbar sind. Unaufschiebbar sind Veranstaltungen und Handlungen nur dann, wenn sie nicht ohne erheblichen Nachteil nach 11.00 Uhr durchgeführt werden können.
4.3
Zu den öffentlichen Versammlungen und Aufzügen i. S. von Absatz 1 Buchst. a gehören insbesondere politische Demonstrationen und Aufzüge aus Anlass von Arbeitskämpfen.
4.4
Ob bei Veranstaltungen, die der Unterhaltung oder dem Vergnügen dienen, ein höheres Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder der Volksbildung (Absatz 1 Buchst. b) vorliegt, kann nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung des Gesamtcharakters der Veranstaltung und ihres Hauptzwecks beurteilt werden. Unter das Veranstaltungsverbot fallen beispielsweise Volks- oder ähnliche Feste, Zirkus- und Varieté- Vorführungen, Tanzveranstaltungen sowie der Betrieb von Spielhallen (vgl. OVG Lüneburg, 13. 1. 1983 – 12 OVG A 346 / 81).
4.5
Die Einschränkungen des Absatzes 1 gelten für den 1. Mai und den 3. Oktober auch dann nicht, wenn er auf einen Sonntag fällt.
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5.
Zu § 6:

5.1
Durch diese Vorschrift haben bestimmte Sonntage und staatlich anerkannte Feiertage wegen ihres ernsten Charakters einen über den allgemeinen Feiertagsschutz hinausgehenden äußeren Schutz erhalten. Die im Einzelnen genannten Veranstaltungsverbote gelten zusätzlich zu den Verboten der §§ 4 und 5.
5.2
In Räumen mit Schankbetrieb sind am Karfreitag ganztägig und an den übrigen stillen Feiertagen von 5.00 Uhr morgens ab z. B. folgende Veranstaltungen verboten: musikalische Darbietungen, Preis-Skate, Preis-Kegeln, Modeschauen, Vereinsversammlungen, Tanzlustbarkeiten. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Veranstaltung öffentlich oder nicht öffentlich ist.
5.3
Öffentliche Veranstaltungen (Absatz 1 Buchst. b und c, Absatz 2 Satz 1 Buchst. b, c, und d) sind Veranstaltungen, zu denen jedermann Zutritt hat. Unwesentlich ist, ob der Zutritt von einem Eintrittsgeld abhängig gemacht wird oder nicht.
5.4
Ob eine sonstige öffentliche Veranstaltung der geistig-seelischen Erhebung oder einem höheren Interesse der Kunst, der Wissenschaft oder der Volksbildung dient (Absatz 1 Buchst. c, Absatz 2 Satz 1 Buchst. d), ist nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen. Aber auch wenn eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist, darf die Veranstaltung an einem stillen Feiertag nur durchgeführt werden, wenn sie auf den ernsten Charakter des Tages Rücksicht nimmt. In welcher Weise das zu geschehen hat, wird sich jeweils nach der Art und dem äußeren Rahmen der Veranstaltung richten müssen.
In jedem Fall verboten sind die in Nr. 4.4 Satz 2 genannten Veranstaltungen. Außerdem ist z. B. aber auch die Durchführung von Möbel- oder Teppichschauen sowie von vergleichbaren Veranstaltungen unzulässig.
5.5
Ein Film ist zur öffentlichen Vorführung an einem stillen Feiertag nur dann geeignet, wenn er von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) hierfür ausdrücklich freigegeben ist. Die von der FSK freigegebenen Filme gelten als von den zuständigen obersten Landesbehörden gekennzeichnet. Die jedem geprüften Film beiliegende Freigabebescheinigung, die beim Veranstalter einer Vorführung eingesehen werden kann, enthält neben der Kennzeichnung nach §§ 6, 7 des Jugendschutzgesetzes vom 25. 2. 1985 (BGBl. I S. 425) auch den jeweiligen Vermerk »freigegeben …, aber nicht an gesetzlich geschützten stillen Feiertagen« bzw. »freigegeben … an allen Tagen des Jahres einschließlich der gesetzlich geschützten stillen Feiertage«. Die Liste der Freigabebescheinigungen wird laufend im Bundesanzeiger unter der Rubrik »Sonstiges« veröffentlicht. Bei der FSK (Langenbeckstr. 9, 6200 Wiesbaden, Tel. [0 61 21] 30 70 84) können auch Auskünfte eingeholt werden.
5.6
Da § 6 – anders als § 5 – keine Einschränkung des Art. 8 GG enthält, sind die grundrechtlich geschützten Versammlungen an den stillen Feiertagen außer in der Zeit von 7.00 bis 11.00 Uhr erlaubt.
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6.
Zu § 11:

Nähere Regelungen zur Unterrichtsbefreiung aus Anlass kirchlicher Feiertage enthält der RdErl. des MK vom 24. 3. 1982 (SVBl. S. 53 – GültL 152 / 246).
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7.
Zu § 14:

7.1
Der äußere Schutz der Sonntage, der staatlich anerkannten Feiertage und der kirchlichen Feiertage muss den Vorrang vor persönlichen oder materiellen Interessen haben. Der Charakter dieser Tage als Tage der religiösen Erbauung, der seelischen Erhebung, der inneren Sammlung, der Entspannung und der Erholung darf in seinem Wesen nicht durch Ausnahmen in Frage gestellt werden.
Die Ausnahmevorschriften sind eng auszulegen.
7.2
Bei der Entscheidung nach Absatz 1 Buchst. a sind die besonderen Umstände am Ort und das Für und Wider der geplanten Veranstaltungen abzuwägen. Für eine Ermessensentscheidung ist kein Raum, wenn der Umzug religiöse oder weltanschauliche Feiern stören oder den Besuchern dieser Feiern den Zugang erschweren würde oder an einem stillen Feiertage (§ 6) stattfinden soll.
Die Zulassung ist den örtlichen kirchlichen Stellen mitzuteilen.
7.3
Eine Ausnahmegenehmigung nach Absatz 1 Buchst. b kann lediglich für gewerberechtlich festgesetzte Ausstellungen i. S. des § 65 GewO erteilt werden. Eine Ausnahme von dem praktisch allein in Betracht kommenden Verbot des § 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. d kann nur zugelassen werden, wenn der ernste Charakter des Volkstrauertages nicht beeinträchtigt wird.
7.4
Ausnahmen nach Absatz 1 Buchst. c sind nur aus besonderem Anlass und im Einzelfall zulässig. Ausnahmegenehmigungen, die auf eine allgemeine Freistellung von einem Verbot oder von einer Beschränkung des Gesetzes hinauslaufen, sind unzulässig, weil die allgemein zugelassenen Handlungen in § 4 Abs. 2 abschließend aufgezählt sind.
An stillen Feiertagen (§ 6) ist auf die Empfindungen der Bevölkerung besondere Rücksicht zu nehmen. Deshalb können Ausnahmen für Tanzveranstaltungen, Volks- und ähnliche Feste – auch wenn sie besonders traditionsreich sind – nicht zugelassen werden. Diese Veranstaltungen können so gelegt werden, dass sie nicht auf stille Feiertage fallen.
7.5
Für das Verfahren zur Zulassung von Ausnahmen gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, insbesondere diejenigen über Nebenbestimmungen. Bei Anträgen nach Absatz 1 Buchst. a werden insbesondere nähere Angaben über den zeitlichen Ablauf des Umzuges, seine Wegstrecke und etwaige Musikdarbietungen zu fordern sein.
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8.
Messen, Ausstellungen, Märkte, Volksfeste

8.1
Nach § 69 GewO festgesetzte Veranstaltungen sind gemäß § 4 Abs. 2 (1. Alternative) von dem Verbot der § 4 Abs. 1 ausgenommen. Neben der Festsetzung bedürfen diese Veranstaltungen daher für die Durchführung an Sonn- und Feiertagen keiner Ausnahmegenehmigung nach § 14, soweit sie nicht unter die Nrn. 8.2 und 8.3 fallen.
8.2
Für die Veranstaltungen nach § 5 Abs. 1 Buchst. b (Volksfeste und die in § 68 Abs. 3 GewO genannten Tätigkeiten) ist neben der gewerberechtlichen Festsetzung eine Ausnahme nach § 14 erforderlich, soweit sie in der Zeit von 7.00 bis 11.00 Uhr stattfinden sollen. Dies gilt auch für die in §§ 60 b und 69 GewO genannten Veranstaltungen, wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. c vorliegen.
8.3
Für die in den §§ 60 b und 69 GewO genannten Veranstaltungen ist neben der gewerberechtlichen Festsetzung eine Ausnahme nach § 14 erforderlich, wenn sie an einem stillen Feiertag (§ 6) stattfinden sollen.
8.4
Auf- und Abbauarbeiten für Messen, Ausstellungen, Märkte und Volksfeste sind Bestandteil der Festsetzung nach § 69 GewO, soweit aus dem Festsetzungsbescheid nicht etwas anderes hervorgeht. Für diese Arbeiten gelten daher auch die vorstehenden Ausführungen. Soweit diese Arbeiten nicht Bestandteil der Festsetzung sind, sind sie – außer im Falle des § 4 Abs. 2 Buchst. b – an allen Sonn- und Feiertagen verboten, soweit sie öffentlich bemerkbar sind. In diesem Fall ist für die Durchführung der Auf- und Abbauarbeiten an Sonn- und Feiertagen eine Ausnahmegenehmigung nach § 14 erforderlich.
8.5
Bei nicht festgesetzten Messen, Ausstellungen, Märkten und Volksfesten ist im Einzelfall zu prüfen, ob sie unter die Verbote des NFeiertagsG fallen und für sie ggf. eine Ausnahmegenehmigung nach § 14 erforderlich ist.
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9.
Aufhebung von Vorschriften

Der RdErl. vom 10. 3. 1980 (Nds. MBl. S. 393 – GültL 173 / 12) wird hiermit aufgehoben.