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Lehrordnung der VELKD / Kirchengesetz über das Verfahren bei Lehrbeanstandungen

In der Fassung 3. Januar 1983

(ABl. 1984 S. 80)

Generalsynode und Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands haben
die folgende Erklärung zur Lehrverpflichtung und Handhabung der Lehrgewalt
und – in Ausführung von Artikel 15 der Verfassung – das nachstehende Kirchengesetz über das Verfahren bei Lehrbeanstandungen
als Lehrordnung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands beschlossen, die hiermit verkündet werden.
Übersicht
Erklärung zur Lehrverpflichtung und Handhabung der Lehrgewalt
Die Verantwortung der Kirche für die rechte Lehre.
Die Lehrnorm.
Die Lehrgewalt.
Die Handhabung der Lehrgewalt.
Kirchengesetz über das Verfahren bei Lehrbeanstandungen
Abschnitt: Das Lehrverfahren gegen Amtsträger der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands.
Das Lehrgespräch
Das Feststellungsverfahren
Gemeinsame Vorschriften für das Lehrgespräch und das Feststellungsverfahren
Abschnitt: Das Lehrverfahren gegen Amtsträger der Gliedkirchen.
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Erklärung zur Lehrverpflichtung und Handhabung der Lehrgewalt

Vom 16. Juni 1956
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I.
Die Verantwortung der Kirche für die rechte Lehre

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Begründung

Inhalt und Maßstab aller Lehre in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands ist »das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments gegeben und in den Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche, vornehmlich in der ungeänderten Augsburgischen Konfession von 1530 und im Kleinen Katechismus Martin Luthers bezeugt ist« (Verfassung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands vom 8. Juli 1948, Art. 1 Abs. 1).
Die Kirche lebt aus dem Evangelium. Sie ist von Gott mit seiner Bezeugung und Weitergabe betraut. Darum ist sie um des Heiles der Menschen willen vor Gott dafür verantwortlich, dass »das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakrament lauts des Evangelii gereicht werden« (Augsb. Bek. Art. VII).
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Umfang

Lehre bedeutet nicht nur die Lehrdarbietung im engeren Sinne, sondern umfasst die Verkündigung des Evangeliums auf jegliche Weise. Die Verantwortung der Kirche für die rechte Lehre bezieht sich daher sowohl auf die theologische Lehrtätigkeit wie auf die gottesdienstliche Verkündigung, kirchliche Unterweisung, seelsorgerliche Tätigkeit und jede andere Darbietung des Evangeliums, in der es im geordneten kirchlichen Dienst der Gemeinde bezeugt wird.
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Betätigung

Die Kirche betätigt ihre Verantwortung für die rechte Lehre in erster Linie positiv durch die schriftgemäße Lehrdarbietung selbst auf diesem Grunde und in ihrem Dienst dann aber auch regulativ-kritisch durch sorgfältiges Wachen über deren Reinheit.
Das verpflichtet sie zur tätigen Sorge
  1. für die rechte Zurüstung und Bestellung geeigneter Verkündiger und Lehrer des Evangeliums (Ausbildung und Prüfung, Ordination und Vokation, Lehrverpflichtung) und
  2. für die Aufrechterhaltung rechter und die Überwindung falscher Verkündigung und Lehre (Visitation, Beratung, Lehrverfahren).
Der Betätigung solcher Verantwortung hat alle Lehrordnung zu dienen.
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II.
Die Lehrnorm

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Schrift und Bekenntnis

Alle Verkündigung, Unterweisung und Sakramentsverwaltung in der Kirche ist an der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes auszurichten und daraufhin zu prüfen, ob sie mit der apostolischen Verkündigung des Evangeliums übereinstimmt. Die Mitte und Summa der Heiligen Schrift ist in den Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche bezeugt. Die Bekenntnisse der Kirche sind nicht Autorität neben der Heiligen Schrift, sondern Richtweiser in ihren zentralen Inhalt und Anweisung für eine dem Evangelium gemäße Lehrverkündigung. Darum sind für die Beurteilung der Lehre die Heilige Schrift als norma normans und die Bekenntnisschriften der Kirche als norma normata in der rechten Weise aufeinander zu beziehen (F. C. Von dem summarischen Begriff usw.).
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Lehrverpflichtung

Die Übertragung des Amtes der öffentlichen Verkündigung und Sakramentsverwaltung, wie sie in der Ordination geschieht, aber auch die Erteilung jedes anderen kirchlichen Auftrages zu Verkündigung, Unterweisung oder Lehre schließen die Übernahme einer Bindung an die Lehrnorm ein. Die Übernahme dieser Lehrbindung findet ihren Ausdruck in einer förmlichen Verpflichtung. Wer eine Lehrverpflichtung eingeht, muss zuvor über deren Inhalt und Bedeutung sorgfältig unterrichtet sein.
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III.
Die Lehrgewalt

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Das Wort Gottes

Lehrgewalt ist die Vollmacht, rechte Lehre in der Kirche festzustellen und dem Evangelium widerstreitende Lehre zu verwerfen. Diese Lehrgewalt hat letztlich das Wort Gottes selbst inne. Alle Prüfung der kirchlichen Lehrverkündigung hat darum so zu geschehen, dass dadurch dem Urteil des Evangeliums Raum gegeben wird. So bleibt das Wort Gottes Heiliger Schrift »der einig Richter, Regel und Richtschnur« (F. C. a. a. O.).
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Lehramt der Kirche

Das Lehramt der Kirche besitzt keine eigene Lehrgewalt neben oder gar vor der Heiligen Schrift, sondern hat nur die Lehrgewalt des Wortes Gottes geltend zu machen. In diesem abgeleiteten Sinne ist die Lehrgewalt von Gott der ganzen Kirche, Amt und Gemeinde, übertragen. An ihr hat jeder, dem ein Amt in der Kirche übertragen ist, nach dem Maße seiner Berufung und seines Auftrages Anteil. Weil Lehrdarbietung und Wachen über der Lehre zusammengehören, wird die Lehrgewalt in erster Linie durch solche ausgeübt, die zur geistlichen Aufsicht in der Kirche bestellt sind, und durch die theologischen Lehrer der Kirche. Auch die Gemeinde und ihre berufenen Vertreter haben Recht und Pflicht, die ihnen dargebotene Verkündigung darauf zu prüfen, ob sie dem Evangelium gemäß ist.
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IV.
Die Handhabung der Lehrgewalt

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Lehrdarbietung

Die grundlegende und maßgebende Handhabung der Lehrgewalt ist die lautere und vollkräftige Verkündigung des Wortes Gottes. Sie erfordert vor allem die rechte Auswahl, Zurüstung und Anleitung aller derer, die im Predigtamt oder im sonstigen öffentlichen Dienst der Kirche stehen.
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Beratung und Mahnung

Zur Handhabung der Lehrgewalt gehört ferner die Visitation als helfender Dienst am Amte der Verkündigung und Unterweisung. Dieser Dienst geschieht innerhalb und außerhalb der amtlichen Kirchenvisitationen in Erinnerung an die Lehrverpflichtung durch geistlich-brüderliche Beratung, Ermahnung und erforderlichenfalls Zurechtweisung.
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Lehrbeanstandung

Die der Kirche auferlegte Verantwortung für das Aufrechterhalten rechter Lehre schließt ein, dass in der öffentlichen Lehrdarbietung bestimmte unüberschreitbare Grenzen gewahrt werden. Werden diese Grenzen verletzt, so muss, wenn die Mittel der Beratung und Ermahnung nicht ausreichen, der Weg der Lehrbeanstandung in einem förmlichen Verfahren begangen werden. Auch bei dieser äußersten Maßnahme ist im Auge zu behalten, dass alle Lehrordnung ein positives Ziel hat.
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Kirchengesetz über das Verfahren bei Lehrbeanstandungen

In der Fassung vom 3. Januar 1983
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§ 1

( 1 ) Ein Verfahren bei Lehrbeanstandung (Lehrverfahren) findet statt, wenn nachweisbar Tatsachen für die Annahme vorliegen, dass ein ordinierter Geistlicher oder ein sonstiger Inhaber eines kirchlichen Amtes oder Auftrags öffentlich durch Wort oder Schrift in der Darbietung der christlichen Lehre oder in seinem gottesdienstlichen Handeln in entscheidenden Punkten in Widerspruch zum Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche tritt und daran beharrlich festhält, und wenn voraufgegangene seelsorgerliche Bemühungen nicht zu einer Behebung der Anstöße geführt haben.
( 2 ) Von einem Lehrverfahren kann bei Nichtordinierten abgesehen werden, wenn die Tätigkeit im kirchlichen Dienst auf andere Weise beendet werden kann.
( 3 ) Ein Lehrverfahren findet nicht statt oder ist einzustellen, wenn der Betroffene auf seinen Antrag hin aus dem kirchlichen Dienst entlassen wird oder kraft Gesetzes ausscheidet.
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I. Abschnitt
Das Lehrverfahren gegen Amtsträger der
Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands

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1.
Das Lehrgespräch

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§ 2

( 1 ) Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 bei einem ordinierten Geistlichen oder sonstigen Inhaber eines kirchlichen Amtes oder Auftrages der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands oder einer ihrer Leitung unmittelbar unterstellten Kirche oder Gemeinde vor, beschließt die Kirchenleitung im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz, dass mit dem Betroffenen ein Lehrgespräch zu führen ist.
( 2 ) Der Beschluss der Kirchenleitung ist zu begründen und dem Betroffenen zuzustellen.
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§ 3

Zweck des Lehrgesprächs ist die Klärung des Sachverhaltes und im Falle festgestellter Lehrabweichungen der Versuch, den Betroffenen theologisch zur Einsicht in die Bekenntniswidrigkeit seiner Lehrmeinung zu führen.
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§ 4

( 1 ) Mit der Abhaltung des Lehrgesprächs beauftragt die Bischofskonferenz drei Theologen, die hierfür besonders sachkundig sind. Einer von ihnen muss im akademischen Lehramt stehen. Die Bischofskonferenz bestimmt einen der drei zum Obmann. Der Betroffene kann eine Person seines Vertrauens benennen, die an dem Lehrgespräch teilnimmt; sie muss Mitglied einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland und zu kirchlichen Ämtern wählbar sein.
( 2 ) Der Obmann setzt Ort und Zeit des Lehrgesprächs fest und trifft die für seine Durchführung erforderlichen Anordnungen. Das Lehrgespräch soll tunlichst innerhalb einer Frist von drei Monaten stattfinden.
( 3 ) Das Lehrgespräch ist nicht öffentlich. Sein Verlauf wird in einer von allen Beteiligten zu unterschreibenden Niederschrift festgehalten. Eine Abschrift erhält der Betroffene.
( 4 ) Nach Abschluss des Lehrgesprächs erstattet der Obmann der Kirchenleitung und der Bischofskonferenz einen schriftlichen Bericht, der sich abschließend darüber auszusprechen hat, ob die Lehrbeanstandungen als bereinigt angesehen werden können oder nicht. Der Bericht ist von sämtlichen Beauftragten zu unterzeichnen; gesonderte Stellungnahme einzelner Beauftragter ist zulässig.
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§ 5

( 1 ) Aufgrund des Ergebnisses des Lehrgesprächs beschließt die Kirchenleitung im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz, ob von weiteren Maßnahmen abzusehen oder ob das Feststellungsverfahren gegen den Betroffenen durchzuführen ist.
( 2 ) Hat der Betroffene die Teilnahme an dem Lehrgespräch abgelehnt, ist gleichfalls die Durchführung des Feststellungsverfahrens zu beschließen.
( 3 ) Die Beschlüsse zu den Absätzen 1 und 2 sind zu begründen und dem Betroffenen zuzustellen.
( 4 ) In dem Beschluss auf Durchführung des Feststellungsverfahrens kann eine Beurlaubung des Betroffenen bis zur Beendigung des Feststellungsverfahrens angeordnet werden. Bei der Beurlaubung ist gleichzeitig zu entscheiden, ob der Betroffene die von ihm bekleidete Stelle oder ihm übertragene allgemeinkirchliche Aufgabe verliert, ob er seine Bezüge ganz oder teilweise verliert und ob ihm ein anderer Dienst übertragen werden soll.
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2.
Das Feststellungsverfahren

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§ 6

Es wird ein Spruchkollegium der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands gebildet, dem die Durchführung des Feststellungsverfahrens obliegt.
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§ 7

( 1 ) Das Spruchkollegium besteht aus:
  1. einem Mitglied der Bischofskonferenz, das den Vorsitz führt, und einem Theologen im akademischen Lehramt,
  2. fünf weiteren Mitgliedern, darunter zwei Theologen, die die Voraussetzungen für die Wahl eines geistlichen Mitgliedes in die Generalsynode erfüllen.
Ein Mitglied nach Satz 1 Buchstabe b muss die Befähigung zum Richteramt haben.
( 2 ) Die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1Buchstabe a werden von der Bischofskonferenz, die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b von der Generalsynode gewählt. Die Wahlen erfolgen anlässlich der zweiten Tagung der jeweiligen Generalsynode.
( 3 ) Die Amtszeit dauert sechs Jahre. Die bisherigen Mitglieder führen die Geschäfte bis zur Bestellung der neuen Mitglieder weiter.
( 4 ) Für die Mitglieder nach Absatz 1 Buchstabe a wählt die Bischofskonferenz je einen Stellvertreter. Für die Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b wählt die Generalsynode unter Berücksichtigung der in Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b genannten Gruppen je einen Stellvertreter. Für die Stellvertreter gilt Absatz 3 entsprechend. Sie erhalten nach jeder Sitzung des Spruchkollegiums das Wortprotokoll.
( 5 ) Ist bei Ablauf der Amtszeit des Spruchkollegiums ein Verfahren noch nicht abgeschlossen, so führen die Mitglieder des bisherigen Spruchkollegiums das Verfahren als Spruchkollegium im Sinne dieses Kirchengesetzes zu Ende. § 8 findet Anwendung.
( 6 ) Der Vorsitzende kann zwei Ergänzungsmitglieder aus der Gruppe der Stellvertreter berufen, von denen einer Theologe nach Absatz 1 Satz 1 Buchstabe b sein und einer die Befähigung zum Richteramt nach Absatz 1 Satz 2 haben muss. Die Ergänzungsmitglieder nehmen ohne Stimmrecht an der mündlichen Verhandlung und den Sitzungen des Spruchkollegiums teil. Scheidet ein Mitglied aus, treten sie, entsprechend ihrer Gruppenzugehörigkeit, in das Spruchkollegium ein. Scheidet der Vorsitzende aus, so entscheidet das Spruchkollegium, welcher Theologe den Vorsitz übernimmt.
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§ 8

Ein Mitglied des Spruchkollegiums scheidet aus, wenn eine Voraussetzung für seine Bestellung nach § 7 Abs. 1 entfällt, wenn es nach § 10 ausgeschlossen ist oder wenn es voraussichtlich für länger als sechs Monate, vornehmlich aus gesundheitlichen oder beruflichen Gründen, verhindert ist. Das Spruchkollegium stellt das Ausscheiden unanfechtbar fest.
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§ 9

Hat die Kirchenleitung im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz die Durchführung des Feststellungsverfahrens beschlossen, so leitet sie ihre Beschlüsse (§ 2 Abs. 2, § 5 Abs. 1, 2 und 4) mit der Niederschrift und dem Bericht über das Lehrgespräch (§ 4 Abs. 3 und 4) dem Spruchkollegium zu.
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§ 10

Von der Mitwirkung im Spruchkollegium ist ausgeschlossen:
  1. wer Ehegatte oder Vormund des Betroffenen ist oder gewesen ist,
  2. wer mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht,
  3. wer in der Sache am Lehrgespräch teilgenommen hat.
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§ 11

( 1 ) Der Betroffene kann die nach § 7 Abs. 1 Gewählten binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen.
( 2 ) Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit muss auf Gründe gestützt sein, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Abgelehnten zu rechtfertigen. Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen. Eine Lehrauffassung, die von der des Betroffenen abweicht, kann nicht als solcher Grund geltend gemacht werden.
( 3 ) Über den Ablehnungsgrund entscheidet das Spruchkollegium unter Abwesenheit des Abgelehnten. Bei Ablehnung aller Mitglieder entscheidet das Verfassungs- und Verwaltungsgericht. Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ist unanfechtbar.
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§ 12

( 1 ) Der Vorsitzende des Spruchkollegiums teilt dem Betroffenen die Namen der Mitglieder des Spruchkollegiums und der Ergänzungsmitglieder mit.
( 2 ) Ist ein Stellvertreter nicht mehr vorhanden, so ist ein Stellvertreter für den Rest der Amtszeit des Spruchkollegiums nach § 7 Abs. 4 neu zu wählen. Wenn die Generalsynode nicht innerhalb der nächsten zwei Monate zusammentritt, erfolgt die Wahl durch deren Präsidium.
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§ 13

Der Vorsitzende des Spruchkollegiums kann eins oder einige seiner Mitglieder mit der Vorbereitung der Verhandlung beauftragen. Nach Abschluss der Vorbereitung bestellt er ein Mitglied des Spruchkollegiums zum Berichterstatter für die von ihm anzuberaumende mündliche Verhandlung.
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§ 14

( 1 ) Dem Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, mündlich oder schriftlich zu jedem Sachverhalt Stellung zu nehmen, der sich aufgrund der vorbereitenden Maßnahmen ergibt. Akteneinsicht steht ihm zu, sobald Termin zur Mündlichen Verhandlung anberaumt ist.
( 2 ) Der Betroffene kann einen theologischen Beistand und einen Beistand, der die Befähigung zum Richteramt hat, hinzuziehen. Beistände müssen Mitglied einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland und zu kirchlichen Ämtern wählbar sein.
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§ 15

( 1 ) Die mündliche Verhandlung kann nur in Anwesenheit aller Mitglieder des Spruchkollegiums und des Betroffenen stattfinden. Ist der Betroffene verhindert, wird ein neuer Verhandlungstermin anberaumt; nimmt der Betroffene ohne hinreichenden Grund an der Sitzung nicht teil, so kann in seiner Abwesenheit verhandelt werden. Zur mündlichen Verhandlung wird die Kirchenleitung geladen; sie kann einen Vertreter entsenden.
( 2 ) In der mündlichen Verhandlung sind die geltend gemachten Lehrbeanstandungen im Rahmen der gesamten Lehrdarbietung des Betroffenen und gegebenenfalls seines gottesdienstlichen Handelns einer umfassenden Würdigung zu unterziehen.
( 3 ) Die Verhandlung ist öffentlich. Das Spruchkollegium kann auf Antrag des Betroffenen oder von sich aus die Öffentlichkeit einschränken oder ausschließen; bei Ausschluss der Öffentlichkeit kann die Anwesenheit einzelner Personen zugelassen werden. Die Entscheidung über Einschränkung oder Ausschluss der Öffentlichkeit ist zu begründen; sie ist unanfechtbar.
( 4 ) Über die mündliche Verhandlung wird ein Wortprotokoll geführt.
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§ 16

( 1 ) Kommt das Spruchkollegium aufgrund der mündlichen Verhandlung zu der Feststellung, dass der Betroffene öffentlich durch Wort oder Schrift in der Darbietung der christlichen Lehre oder in seinem gottesdienstlichen Handeln in entscheidenden Punkten in Widerspruch zum Bekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche getreten ist und dass er beharrlich daran festhält, so stellt es dies in einem Spruch fest. Dieser Beschluss bedarf der Zustimmung von mindestens fünf Mitgliedern.
( 2 ) Wird diese Mehrheit nicht erreicht, so stellt das Spruchkollegium das Verfahren durch Beschluss ein.
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§ 17

Die Beschlüsse nach § 16 sind schriftlich zu begründen.
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§ 18

Der Vorsitzende des Spruchkollegiums stellt die Beschlüsse nach § 16 dem Betroffenen, der Kirchenleitung und der Bischofskonferenz zu.
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§ 19

( 1 ) Aufgrund des Beschlusses nach § 16 Abs. 1 verliert der Betroffene mit dem Tage der Zustellung des Spruches alle ihm aus der Ordination und aus seinem kirchlichen Amt oder Auftrag zustehenden Rechte.
( 2 ) Wenn nicht besondere Umstände entgegenstehen, soll dem Betroffenen eine widerrufliche Unterhaltsbeihilfe in der Höhe der im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst erworbenen Versorgungsbezüge gezahlt werden. Die Unterhaltsbeihilfe darf zusammen mit dem Einkommen die zuletzt erhaltenen Dienstbezüge nicht übersteigen. Von dem Widerruf soll nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe Gebrauch gemacht werden.
( 3 ) Die Entscheidung über die Gewährung einer Unterhaltsbeihilfe trifft die Kirchenleitung unter Berücksichtigung des Spruches und der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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3.
Gemeinsame Vorschriften für das Lehrgespräch und das Feststellungsverfahren

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§ 20

( 1 ) Der Obmann des Lehrgesprächs und der Vorsitzende des Spruchkollegiums bedienen sich bei der Durchführung ihrer Aufgaben des Lutherischen Kirchenamtes als Geschäftsstelle.
( 2 ) Gebühren werden für die Durchführung des Lehrgesprächs und des Feststellungsverfahrens nicht erhoben. Die entstehenden Auslagen trägt die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands. Sie können ganz oder teilweise auf Beschluss des Spruchkollegiums dem Betroffenen auferlegt werden, soweit er sie durch sein Verhalten im Verfahren schuldhaft verursacht hat. Ein Anspruch des Betroffenen auf Reisekosten und auf Erstattung der Kosten für Zuziehung der Beistände besteht im Falle eines Beschlusses nach § 16 Abs. 1 nicht.
( 3 ) Die Mitglieder des Spruchkollegiums haben Anspruch auf Reisekosten. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung, die von der Kirchenleitung festgesetzt wird.
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§ 21

Einzelheiten des Verfahrens werden in einer Ausführungsverordnung geregelt, welche die Kirchenleitung im Einvernehmen mit der Bischofskonferenz erlässt.
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II. Abschnitt
Das Lehrverfahren gegen Amtsträger der Gliedkirchen

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§ 22

( 1 ) Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 bei einem ordinierten Geistlichen oder sonstigen Inhaber eines kirchlichen Amtes oder Auftrages einer Gliedkirche der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands vor, so finden die Vorschriften des I. Abschnittes mit der Maßgabe Anwendung, dass in den §§ 2, 4, 5, 9, 15 Abs. 1, §§ 18, 19 und 20 Abs. 1 an die Stelle von Kirchenleitung, Bischofskonferenz und Lutherischem Kirchenamt gliedkirchliche Organe treten. Wird ein Feststellungsverfahren erforderlich, so ist das nach § 6 gebildete Spruchkollegium zuständig.
( 2 ) Sobald eine Gliedkirche die Durchführung eines Lehrgesprächs nach § 2 beschlossen hat, informiert sie die Vereinigte Kirche darüber.
( 3 ) Soweit Kosten vor den Organen der Gliedkirche erwachsen, werden sie von der Gliedkirche getragen.
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§ 23

( 1 ) Die Gliedkirchen treffen die zur Durchführung des Gesetzes erforderliche Regelung.
( 2 ) Dabei können die Gliedkirchen in Ergänzung der §§ 1 und 16 des Gesetzes den Kreis der in ihrem Bereich von dem Gesetz zu erfassenden Personen abweichend regeln.
( 3 ) Die von einer Gliedkirche getroffene Regelung bedarf der Zustimmung der Kirchenleitung der Vereinigten Kirche.